Die Kunst zeigte sich Christiana Althuber als ein später Ruf im Leben. Oder besser: als ein später Ruf hin zum Leben. Denn ihre Bilder sind genau das - dynamisch und vital, mal kraftvoll und laut, mal zitternd und ohne Boden, mal ruhig und konzentriert. In ihnen spricht der Widerspruch, das Aufbegehren, der Wille zur Neu-Ordnung. Vor dem Hintergrund einer aufgegebenen gesicherten Existenz, dem freiwilligen Verlust eines geregelten Arbeitsalltags, sind die Werke der Künstlerin, ihre Malereien, Zeichnungen und Druckgrafiken, nicht nur Porträts einer lange schwellenden Leidenschaft, sondern auch die Chronik ihrer sukzessiven Freisetzung und Ent-Deckung, einer schrittweisen Suche nach ihrem genuinen bildnerischen Ausdruck. So sind ihre Aktmalereien und -zeichnungen Blicke aus ihrem Innersten heraus. Häufig sind diese geprägt von einer körperlichen Deformation: Figuren und Silhouetten, die einander überlappen, ineinander zerfließen oder sich umschlingen bis zur amorphen Unkenntlichkeit. Einzelne Körperteile fallen auseinander, Gliedmaßen - vor allem die Hände - sind oft expressiv überzeichnet und unverhältnismäßig groß. Malerei und Zeichnung sind für Christiana Althuber in erster Linie Handarbeit, nicht nur im technischen, handwerklichen, sondern auch im Sinne eines malerischen Ertastens der Strukturen, Kanten und Ecken, der Widerstände und Schlupflöcher einer menschlichen Persönlichkeit. Dieser Prozess kann bis zur radikalen Abstraktion ihrer Formensprache reichen. In den Motiven ihrer Linolschnitt-Serie Odysseus etwa kommt das Körperliche nicht mehr auf rein bildlicher Ebene, sondern als ihre Handarbeit selbst zum Ausdruck. Der konfrontative und eindringliche Moment ihrer Linienführung erzählt vom inneren Forscherdrang, dem eigenen Exotischen. Eine Vermessung des Selbst, gleich einer Kartographie des Seelischen, tritt in diesen Drucken in Erscheinung. Zusammen mit ihren zerrütteten, zerklüfteten, verschwommenen Körperbildern, geronnen zu Formen, die wie Landschaften anmuten können, kreiert sie eine ganz eigene Form der Natürlichkeit. Ihre Körper sind nie ein Körper; sondern immer auch das, woraus sie hervorgehen; immer auch jene Körper, mit denen sie ihre Grenzen teilen; und immer in einem jene Menschen, die sie sind, die sie sein können und die sie sein wollen. Der Körper ist nur die Form des Schlafens verschiedener Seelen. Die Bilder von Christiana Althuber sind Zeugnis der körperlichen Manifestationen emotionaler Aufbrüche. Sie sind das Abbild einer inneren Wanderschaft.
Sebastian Müller, Wien
Philosophisch geprägter Theater-, Film- und Medienwissenschaftler